Was willst du? Beziehung, Familie und Borderline

"Was willst du?"

Mit genau dieser Frage überfordert mich meine Mutter jedesmal, wenn wir über unsere familiäre Situation sprechen.

Sie möchte wissen, was mein Vater machen, sagen, schreiben,...müsste, damit ich zufrieden bin. Damit alles wieder ok ist. Damit es wieder so wird wie früher (haha)...

Ich habe lange und oft über diese Frage nachgedacht und bin zu der Überzeugung gelangt, dass ich eigentlich gar nichts möchte. Lange Jahre hätte es vieles gegeben, dass ich mir gewünscht hätte. Ein fröhlicheres Familienleben. Etwas mehr Verständnis für meine Eigenständigkeit. Unterstützung und Rückhalt in Situationen, in denen ich eine Familie RICHTIG gebraucht hätte.

Aber nun...so viel später...nein, ich brauche wirklich nichts mehr. Ich fange an - bei allen Höhen und Tiefen, die ich immer wider habe - zur Ruhe zu kommen. Kleine Teile meiner Vergangenheit abzuschließen. Weniger zu hadern und stattdessen versuchen, anzunehmen was war.

Es war und ist eine unglaublich schwierige Sache, dieses abschließen, gelingt mir jedoch Tag für Tag ein bisschen besser.

Für mich kommt alles, was er jetzt versuchen würde um zu reparieren und gut zu machen viel zu spät. Davon abgesehen kostet es mich immense Kraft und Energie, mich immer wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, darauf, dass jetzt alles gut ist. 

Meinen Eltern zuliebe sollte ich versuchen, die Vergangenheit neuerlich aufzurollen, eine halbherzige Versöhnung und so tun, als sei alles wieder gut. Das wäre der größte Wunsch meiner Mutter und mit Sicherheit auch der meines Vaters. Allein der Gedanke daran, überfordert mich maßlos. Nein, das möchte und kann ich jetzt nicht.

Ob sich das irgendwann ändert? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich im Moment alle Energie für mich selber und mein eigenes Leben brauche.

Nichts desto trotz rückt das Treffen in greifbare Nähe. Ich weiß, ich muss und will es überstehen, ich mag mich nicht weiter verstecken und außerdem stehe ich zu dem, was ich gesagt habe.

Ich muss allerdings gestehen, dass mir der Gedanke an unsere Begegnung Schweißflecken aufs T-Shirt zaubert... 

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veröffentlicht am 11.02.2018 von Radiergummi
geändert am 18.03.2019 von Radiergummi



Fragen / Kommentare


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✍Kati
erstellt am 18.03.2019 12:03
Hallo,
Ich las deine Geschichte. Und sie ist meiner sehr ähnlich. Nur dass bei mir beide Eltern unberechenbar waren. Die Auswirkungen auf mich...sie sind fast wie bei dir.
Danke, dass du deine Geschichte öffentlich teilst. Ich bin noch nicht soweit, traue mich nicht noch einmal alles aufwärmen zu müssen. Seit Jahren bin ich dabei mich zu erholen, zu verstehen, zu reflektieren, zu wachsen. Kein Kontakt mehr zu meiner Familie - ich kann es nicht mehr. Meine Beziehungen vorher? Alles Borderline-Männer. Erst nach der letzten Beziehung mit so einem Mann (wir haben einen gemeinsamen Sohn) kam der Wandel. Der Zusammenbruch. Und daraus das Wachsen/Reifen.

"Du kannst nicht im gleichen Umfeld gesund werden, in dem Du krank geworden bist!"

Dieser Spruch ist so wahr. Wie schwer es doch war alles loszulassen. Wie sehr habe ich gezweifelt und Angst gehabt. Phase 4 ging 7 Jahre lang.
Und heute? Habe ich Phase 5 hinter mir gelassen und arbeite an mir selbst, an meinen Zielen und Träumen und lebe das, was in mir ist. Lege Stück für Stück die Überangepasstheit ab...es tut so gut :) Und ich hoffe, meinem Sohn weiterhin geben zu können, was ich nicht bekam (Vertrauen, Achtung und Liebe).
Heute weiß ich...das war es wert. Es hat mich zu einem anderen Menschen gemacht, und ich verändere mich weiterhin. Nur meine Werte bleiben gleich. Und einige Ziele.
Heute weiß ich, ich bin frei.
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Aus einer toxischen Beziehung lösen: Verlassen einer dysfunktionalen Beziehung

    Phase 1: Wahrnehmung der Muster, meist nach extremen Leidensdruck
    Phase 2: Toxische Einsamkeit – Entzug der Glücksgefühle führt zu Tiefpunkt und Widerstand, oft wird die Trennung nun revidiert
    Phase 3: Setzen von Standards – Kontaktsperre zu Menschen, die nicht gut tun. Dies betrifft häufig auch den bestehenden Freundeskreis
    Phase 4: Selbstverantwortung – Auf sich selbst gestellt sein, eine besonders schwierige Phase des Loslassens
    Phase 5: Rückfall in alte Muster – Nicht immer, aber sehr häufig. Allerdings fühlt sich die Erfahrung durch das neue Wissen nicht mehr gut an
    Phase 6: Selbstliebe und Selbstverliebtheit – Der Selbstwert und die Zufriedenheit mit sich und den eigenen Entscheidungen steigt
    Phase 7: Freiheit und neues Liebesglück – Sie ziehen nun Menschen mit einem sicheren Bindungsverhalten an

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