Identitätsvakuum - Oder überforderte Mutter vs. Übermutter

Ein Wort, dass ich kürzlich in einem Artikel gelesen habe, in dem es über Mütter ging.

Ein Wort, an dem ich hängen geblieben bin. Tatsächlich beschreibt es richtig gut jenen Verfall der Individualität, der so unheimlich viele Frauen heimsucht, kaum dass ihr Baby die erste Windel voll gemacht hat.

Dann geht es nämlich los. Getreu dem Motto: "Die unbarmherzigsten Kritiker kommen aus den eigenen Reihen" wird sich ab dem allerersten Tag (meistens schon 40 Wochen vorher) miteinander duelliert und verglichen.

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Biobrei-Tragetuch-Ich Fördere Mein Kind Wo Es Nur Geht-Cliquen aufgenommen zu werden? Wenn ja, gratuliere, für deine (oberflächliche) Unterhaltung ist in den nächsten 3 Jahren bestens gesorgt. Falls nicht, hm...dann hast du vielleicht während des Aufnahmeverfahrens etwas Grundlegendes falsch gemacht.

Bemessungsgrundlage Nummer eins, der Haushalt: Dieser sollte eine ordentliche Gemütlichkeit ausstrahlen, ein angemessenes Maß an Selbstgebasteltem und Spielsachen, vorzugsweise aus Holz. Keinesfalls dürfen Hinweise zu erkennen sein, die auf Überforderung seitens der Mutter deuten. Sollte der Haushalt des öfteren in bemitleidenswert vernachlässigtem Zustand vorzufinden sein, hat Mutti wohl versagt.

Selbiges gilt für die weibliche Optik. Die Frisur soll auf alle Fälle sitzen und die Augenringe wenigstens überschminkt sein. Dann wird über den einen oder anderen Spuke-Milchfleck auf dem T-Shirt schon hinweg gesehen.


Dann wäre da die Zukunftsplanung des (neugeborenen) Kindes. Gefördert werden sollte auf Teufel komm raus. Babyschwimmen, musikalische Frühförderung, ein mehrsprachiger Kindergarten, Ballett, drei verschiedene Musikinstrumente, Sportverein. Zum Einschlafen klassische Musik.

Zwischendurch noch Kinderyoga, denn seltsamerweise scheint der Nachwuchs mit seinem stramm gefüllten Terminkalender etwas sehr gefordert. Aber gut, hilft ja nicht, man will den lieben Kleinen schon was bieten.

Wer es sich leisten kann, nimmt sich eine längere berufliche Auszeit. Naja, Taxifahrerin der Kinder ist schließlich auch ein Job. Ein zeitraubender noch dazu.

Aber vom Judotraining zur Mathenachhilfe in 20 Minuten, das geht nur mit Muttis Minivan. Und die fährt ja eh so gern.

Wenn du diese Punkte erfüllt hast, bist du fürs erste eine von ihnen. Eine der MÜTTER.

Ach ja, du musst noch glücklich sein. Denn du hast alles, was du dir nur erträumen kannst: Ein funktionierendes Kind, durch welches du die Anerkennung und das Zugehörigkeitsgefühl bekommst, das sicherlich ein tief sitzender Urwunsch jedes Menschen ist. Ein Traum, der ziemlich unsanft zu Ende gehen kann, sobald die Bestätigung durch den Beruf mangels Anwesenheit wegfällt.


Natürlich könnte es sein, dass sich ein kleines Gewitterwölkchen am Muttihimmel zusammenbraut, wenn sich das Kind plötzlich ein Kind sein möchte und den Terminkalender auf einmal zutiefst verachtet. Ein richtiges Unwetter kann daraus werden.

Das ist dann nämlich eine richtig fiese Attacke auf Muttis Selbstwertgefühl.

Wenn ihr Projekt "perfektes Kind" scheitert, ja was bleibt ihr denn dann noch? Außer mitleidige bis verächtliche Blicke der lieben Mitmütter?

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veröffentlicht am 28.11.2018 von Radiergummi
geändert am 19.03.2019 von Radiergummi



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