Der Weg oder das Ziel

Dieses wunderschöne Kleid. Schöner als jedes andere das du je zuvor gesehen oder besessen hast. Es ist ein ganz besonderes Kleid. Das Kleid deiner Wünsche, Sehnsüchte, Träume, Vorstellungen. Das Kleid, als Spiegel deiner Zukunft.

Wir alle wollen es schaffen: Dieses Kleid ans Ziel zu bringen. Unbeschadet, vielleicht hat es unterwegs ein kleines bisschen vom Glitzer verloren, das ist aber nicht schlimm. Am Ziel gibt es genug neuen Glitzer zum nachstreuen.

Ja, viele Menschen schaffen es tatsächlich.

Viel (mehr) Menschen jedoch fühlen sich unterwegs gezwungen, sich mehr auf das Bestreiten des Weges zu konzentrieren, der sich als uneben und steinig herausstellt. Na gut, die kleinen Schäden, die das Kleid unterwegs genommen hat, sind leicht behoben. Beim Überwinden der größten Pfützen und Hürden wurde das Kleid sicherheitshalber hochgerafft und auf Zehenspitzen weitergegangen. Alles gut.


Was ist jedoch mit dem wunderschönen Kleid, wenn es unterwegs zu einem Wolkenbruch nach dem anderen kommt, die kleinen und größeren Pfützen zu wahren Schlammgruben werden? Erst versuchst du, dein Kleid zu schützen, hochzuhalten, vorsichtig zu gehen. Aber es hilft nichts. Du erkennst, dass deine Wünsche, Sehnsüchte, Träume und Vorstellungen durch das Davoneilen verblassen. Du kannst nicht einfach umkehren, es gibt kein Zurück. Es gibt nur ein Vorwärts. Ohne Rücksicht auf das Kleid. Einfach nur vorwärts, immer weiter.

Augen zu und durch den Schlamm, durch den Regen, durch das Gewitter. Immer das Ziel vor Augen.

Es ist geschafft, du hast das Ziel erreicht. Doch was mit dem wunderschönen Kleid? All deine Wünsche, Sehnsüchte, Träume, Vorstellungen?

Sie sind nur noch trauriges Abbild ihrer selbst. Ein schlammfarbenes zerschlissenes Tuch, doch wenn du genau hinsiehst, wirst du hin und wieder den Glitzer schimmern sehen.


Es ist nicht einfach, vielleicht die schwierigste Aufgabe deines Lebens, der du dich stellen musst. Du nähst dir ein neues, wunderschönes Kleid. Es wird nie an das Original herankommen. Das denkst du wenigstens.

Du hängst einfach viel zu sehr an deinem alten Kleid. Doch es ist das Kleid deiner Vergangenheit. Du hast es im Hier und Jetzt nie getragen. Wer weiß, würde es dir überhaupt so gut stehen, wie dein neues Kleid?

Versuch, dein neues Kleid zu lieben. Du hast es selbst genäht. Und du fühlst dich sehr wohl damit. Eigentlich bedarf es nur einiger kleiner Änderungsarbeiten und es sitzt perfekt...

Frage dich nicht zu oft, wie dir dein altes Kleid stehen würde.

Denn was sollte am Ende des Tages zählen. Der Weg oder das Ziel? Ich glaube, du weißt es selbst.

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Das Kleid ist eine Metapher.

Für unsere Vorstellungen und Pläne unserer Zukunft. Lange, bevor diese überhaupt begonnen hat.


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veröffentlicht am 23.03.2018 von Radiergummi
geändert am 25.04.2020 von Radiergummi



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