Die heiße Kartoffel - Borderline Vater Kontrollzwang

"Verlasse dich auf wen, und du bist verlassen." Diesen doofen Spruch habe ich so sehr verinnerlicht, dass er erst nach vielen Jahren erwachsen sein ein bisschen ins Wackeln kam. Ich habe mich mittlerweile jedoch damit abgefunden, dass er nie rückstandslos aus meiner Seele verschwinden wird.


Grundsätzlich hatte mein Vater immer schon die Ausstrahlung eines gnadenlosen Beschützers. Seine Prinzessin - ich - die wurde umhegt, verwöhnt, behütet. Er hat und hätte alles für mich getan. Allerdings ließ er nie auch nur einen Hauch von Zweifel aufkommen, dass er dafür auch etwas verlangte. Unausgesprochen aber unumstößlich verlangte er - platt ausgedrückt - absoluten Gehorsam.

Mir fällt immer wenn ich daran denke, der ebenfalls etwas platte aber sehr treffende Vergleich des goldenen Käfigs ein. Ich hatte alles. War materiell betrachtet besser gestellt, als die meisten meiner Freundinnen. Im Gegenzug habe ich dafür meine Eigenständigkeit und meinen eigenen Willen aufgegeben. Und das zu einer Zeit, in einem Alter, wo sich diese normalerweise gerade erst entwickelt.

Das hieß: Keine Widerworte, kaum Freiheiten, alle meine jugendlichen Flausen - auch die harmlosesten - wurden im Keim erstickt. Ich durfte nicht mit Freunden weggehen, ich durfte lange Jahre nicht mal mit dem Fahrrad zur Schule. Ich durfte nicht mit ins Freibad. Mit einem Jungen sprechen? Das ging nur streng geheim.

Ich war eine sehr brave Tochter. Innerlich habe ich getobt, geschrien, geheult. Äußerlich war ich angepasst. Nie im Leben hätte ich es auch nur ansatzweise gewagt, zu rebellieren. Meine Meinung zu sagen, mal auszubrechen. WARUM nur? WIESO war ich immer angepasst? Ich hatte zuviel Angst. Es ist unvorstellbar, wie sehr ich das bereue und wie oft ich mir diese Frage jeden Tag stelle. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Dennoch habe ich gewusst, dass es nicht ewig so laufen wird. Ich wusste, dass er alles für mich tun würde, solange alles nach (seinem) Plan läuft. Ich wusste, dass es sehr gut möglich war, dass er mich im Ernstfall fallen lassen würde, wie eine heiße Kartoffel. Und er kam, der Tag X. Der Tag, an dem er mich fallen ließ, als ich ihn so dringend gebraucht hätte.

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veröffentlicht am 11.07.2018 von Radiergummi
geändert am 07.02.2019 von Radiergummi



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