Heimweh

Ach herrje, Heimweh ist ein echt beschissenes Gefühl.

Ja, ich habe Heimweh.

Nach fast zwanzig Jahren an ein und demselben Ort und obwohl ich mich rein geographisch gesehen total wohl fühle, da wo ich bin.

Nur weiß ich nicht, wie ich dieses verflixte Gefühl anders benennen könnte. Es hat sich eingeschlichen...Leise und unbemerkt.

Also um es kurz zu machen, ich habe Heimweh. Heimweh nach meinen Freundinnen.

Mir fehlen meine "3-Uhr-Nachts" Freundinnen. Meine "es ist total unwichtig, ich muss es dir trotzdem unbedingt sofort erzählen" Freundinnen.

Meine Freundinnen, die nicht sauer auf mich sind, wenn ich mal wieder schneller spreche als ich denken kann.

Mir fehlen unsere Treffen, die jedesmal dafür verantwortlich sind, dass wir hinterher alle Bauchschmerzen haben, weil wir soviel lachen mussten. Über Dinge, die wahrscheinlich nur wir lustig finden.

Mir fehlt ihre ehrliche Meinung, wenn ich Blödsinn rede. Vor allem vermisse ich es auch, mit ihnen über alles, einfach alles mögliche und unmögliche zu quatschen. Dinge, die ich mich bewegen, die ich vor anderen verschweige, aus Angst, schief angeguckt zu werden. Aus Angst, die Komische zu sein.


Jedoch hat sich unser aller Leben einfach verändert. Wir haben Familie, jeder hat immer eine Menge um die Ohren.

Außerdem ist die räumliche Distanz ist einfach zu groß um "schnell mal vorbei zu kommen".

Jedes unserer leider viel zu seltenen (aber immerhin regelmäßigen!!) Treffen ist wie eine Reise in ein einige unbeschwerte Stunden. Eine Reise, in eine längst vergangene Zeit, voller Leichtigkeit und Gemeinsamkeit.

Es ist einfach nichts auf der Welt ist so schön wie das Gefühl, verstanden zu werden.

Wir sind uns gleich viel wert. Keine von uns hat das Gefühl, über der anderen zu stehen. Es ist ein Gefühl von Freiheit, von Glück, einfach so sein zu dürfen, wie man eben ist.

Und andere annehmen zu können, einfach so, wie sie eben sind.


Und ich frage mich so oft und immer öfter...

Kann sich in Freundschaften - oder sind es eher Bekanntschaften? - die im Erwachsenenalter geschlossen werden, dieselbe Vertrautheit entwickeln wie in den "kenn ich schon ewig" Verbindungen?

Ist das Band dieser Freundschaft vielleicht weniger stabil, weil viele solche als eine Art Zweckgemeinschaften entstehen?

Wenn die Kinder sind im gleichen Alter sind, die Mamis in Elternzeit und das Schicksal teilen, ihre Freizeit auf dem Spielplatz oder in irgendwelchen Spielgruppen zu verbringen - das verbindet schon irgendwie...Auf den ersten Blick zumindest.

Es verhindert eine zeitlang, dass uns die Decke auf den Kopf fällt, dass wir uns nutzlos vorkommen, während unserer Zeit der beruflichen Pause. Es sorgt dafür, dass unser Selbstwertgefühl nicht untergeht in den Bergen aus Windeln, Stilleinlagen und biologisch dynamischen Breirezepten.

Aber dann? Wenn diese Zeit vorüber ist und wir wieder mehr Raum und Zeit für uns selber haben? Haben diese Freundschaften dann noch Bestand?

In einer wunderschönen Umgebung, in der ich alles habe, was ich will und was ich brauche,

Bin ich die einzige, die dann ein wenig Heimweh hat?

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veröffentlicht am 19.11.2018 von Radiergummi
geändert am 28.03.2019 von Radiergummi



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