Hurra, ein Baby! Zwischen Glückseligkeit und Wahnsinn

Hurra, schwanger!

Eine große, rosarote flauschige Wolke platzt bei diese "Hammer-Message" direkt über meinem Kopf und bedeckt alles über und über mit buntem Glitzerstaub. Und mit alles meine ich wirklich ALLES.

Übellaunige Menschen können meiner sonnigen Stimmung nichts anhaben. Das Leben ist doch viel zu toll um sich zu ärgern. Außerdem - habt ihr´s schon gehört - ich bin schwanger!

Sich auf dem Boden wälzende Kleinkinder im Supermarkt entlocken mir nur ein nachsichtiges Lächeln. Mein Kind schließlich mal ganz anders.

Ich sehe Mamas, in deren Einkaufswagen sich Babygläschen in allen Geschmacksrichtungen türmen, ach du liebes Bisschen, wissen die denn nicht, wie einfach und viel gesünder es ist selber zu kochen?

Das Biogemüse vom Bauern deines Vertrauens wird nach schonender Dämpfung fein püriert und anschließend in das hungrige Mäulchen des Kindes gelöffelt. Hab ich gelesen.

Naja, mir egal. Meine Gedankenwelt ist sowieso friedlich, glückselig und glitzernd.


Mehr oder weniger hält dieser Zustand dann weitere knapp vierzig Wochen an.

Dann. Kommt. Ein. Tornado.

Okay, fairerweise muss ich sagen, dass sich dieser schon mit einer leichten Brise angekündigt hat. Ja, ich erinnere mich jetzt wieder daran.

Diese sanfte Brise hat eine kleine Schicht Glitzerpartikel einfach so weg geweht. Schließlich war ich kurzatmig, hatte Rückenschmerzen und pflegte eine sehr innige Beziehung zu meiner Toilette, weil meine Harnblase plötzlich auf Espressotassengröße geschrumpft zu sein schien. Ach ja, und die teilweise echt schmerzhaften Tritte genau in die Rippen...

Gut, denke ich mir, wenn das Baby erstmal da ist, kann ich ja wieder besser schlafen. Dann gehört mein Körper wieder mir selber.

Ja, ich habe sie wohl nicht spüren wollen, diese sanfte Brise und konnte daher auch nicht ahnen, dass sich meine Freundschaft mit dem Klo erstmal sogar noch vertiefen sollte. Denn sie wurden rar und kostbar, die Momente, in denen ich alleine und hinter verschlossener Tür Zeit für mich hatte.

Und da ist er dann auch schon, der Tornado. Hat mich eiskalt erwischt und ordentlich Glitzerstaub aufgewirbelt. Er weht mir das schillernde Zeug in die Augen und vernebelt anschließend auch meine vollständige Gedankenwelt. Ich bin völlig fertig und k.o., aber sowas von happy, dass ich gerne schnell mal einen Baum ausreißen würde. Das sind dann wahrscheinlich diese sagenumwobenen "Liebe auf den ersten Blick - Muttergefühle".

Mein Kind. Selbstverständlich das süßeste, hübscheste und artigste unter der Sonne. Und doch ist es ein Kind mit all seinen "Phasen", seinem Zahnen, Spucken, mit den durchwachten Nächten und seiner erstaunlichen Fähigkeit, den Inhalt seiner Windel geräuschvoll in seiner kompletten Kleidung zu verteilen. Mehrmals täglich.

Mein Körper gehört mir? Das meine Brüste mit der Geburt in den Besitz meines Kindes übergehen, stand wohl im Kleingedruckten.

Hier stellt sich eine Weiche. Etwas Neues beginnt.

Ich komme an, in der Solidaritätswelt meiner Mitmütter.

Ich nicke der genervten Mama im Supermarkt verständnisvoll zu, während sich ihr Kind brüllend am Boden wälzt.

Ich stelle ein weiteres Gläschen "milder Apfel mit Banane" in meinen Einkaufswagen und rätsle mit einen jungen Frau samt Kleinkind im Tragetuch darüber, warum das mit soviel Liebe und Vitaminen pürierte Obst unseren Kindern nur eine angeekelte Grimasse entlockt.

Dieser Gefühlsmix wird mich jetzt wohl für immer begleiten, wie ein besonders treues Hündchen.

Ach ja, Kinder - wundervolle, einzigartige Geschöpfe.

Und wahrliche Meister darin, ihre Eltern Tag für Tag in eine Welt zwischen Glückseligkeit und Wahnsinn eintauchen zu lassen.

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veröffentlicht am 02.05.2019 von Radiergummi
geändert am 06.07.2019 von Radiergummi



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