Wie soll das alles werden? Zukunftsplanung

An einem fast schon kitschig sonnigen Mittwoch Morgen ist es dann soweit. Pia und ich klopfen an die Tür und stehen einen Augenblick später im Sprechzimmer unserer Lehrerin.

Zum Glück ist das einzige löwenhafte an Frau Segler ihre blonde Wallemähne. Ansonsten ist sie eine sympathische Frau Mitte vierzig, die sich vom ersten Schultag an als engagierte, freundliche Person erwiesen hat, die uns immer auf Augenhöhe begegnet.

Ihre Laune scheint auch heute blendend zu sein. Optimal für mein Vorhaben. Menschen mit sonnigem Gemüt tun mir momentan unglaublich gut.

Frau Segler ist wie immer sehr farbenfroh gekleidet und strahlt zur Begrüßung mit ihrer Glitzerbluse um die Wette.

"Guten Morgen meine Lieben, na, was kann ich denn für euch tun?"

Das ist dann wohl mein Stichwort. Für durch-die-Blume-Geschwätz habe ich gerade überhaupt keine Nerv, also einfach raus damit: "Frau Segler, ich glaube, es ist so, ich habe ein Problem. Ich bin schwanger."

Puh, es ist ausgesprochen. Meine Mitteilung schwebt in der Luft - irgendwo zwischen uns - bis ich an ihrem Gesicht erkenne, dass sie angekommen ist.

Falls das überhaupt möglich ist, strahlt Frau Segler jetzt noch ein bisschen mehr - und ich muss an ein Honigkuchenpferd denken. Keine Ahnung, was das überhaupt sein soll.

Jetzt gratuliert sie mir voller Freude. Haaach, die Gute, das tut meiner Seele wohl!

Und dann machen wir noch einen klitzekleinen Rollentausch. Frau Segler schüttet mir und Pia ihr Herz aus. Sie erzählt uns, dass sie so gerne Kinder gehabt hätte. Aber es hätte halt nie gepasst. Erst die Arbeit, dann die eine oder andere Weiterbildung, dann der tolle neue Job. Jetzt ist sie Mitte vierzig, beruflich erfolgreich, frisch getrennt von ihrem Mann und hat das Gefühl, sie hätte etwas Wesentliches im Leben verpasst.

Auch ohne es selbst erlebt zu haben ist sie der Meinung, eine Schwangerschaft ist ein wundervolles Geschenk und sie wünsche mir, dass ich darüber glücklich sein kann.

Puh, jetzt bin ich fast ein bisschen gerührt - Pia auch, das kann ich an ihrem Gesicht ablesen. Gut, ich bin NICHT fast ein bisschen gerührt, ich bin komplett überrascht und die Reaktion von Frau Segler haut mich fast aus den Socken. In Tagen wie diesen, in denen ich mich manchmal richtig ausweglos fühle und jeder von mir zu erwarten scheint, dass ich mir vor lauter Verzweiflung permanent die Haare raufe, tut das echt gut.

Sie hat mich mit ihrer positiven, empathischen Reaktion richtig berührt und mir Mut gemacht. Heute kann ich noch nicht wissen, dass ich auch fast zwei Jahrzehnte später noch öfter an genau diesen Moment im Sprechzimmer denken werde.


Aber dann sind erstmal knallharte Fakten angesagt. Aber die sind zum Glück dann doch nicht so hart. Frau Segler sagt mir ihre Unterstützung zu, damit ich auch mit Kind meine Ausbildung zu Ende bringen kann. Da fällt mir schon ein riesengroßer Stein vom Herzen. Ich will und ich werde auch mit Kind für mich selber sorgen können, ich möchte unabhängig bleiben und verdammt, ich möchte es allen Zweiflern, Miesepetern und Schlechtmachern zeigen: Nur weil die den Kopf in den Sand stecken würden, werde ich das noch lange nicht tun.


Bestärkt und voller Zuversicht stehen wir wenige Augenblicke später wieder auf dem leeren Gang der Schule.

Pia tätschelt mir liebevoll den Arm. "Die Segler ist echt in Ordnung und sie hat voll recht. Du schaffst das und außerdem bin ich ja auch noch da."

Mir geht es grade gut. Vielleicht der ideale Zeitpunkt, um auf meiner To-Do Liste den nächsten Schritt anzugehen. Die nächste Hürde anzupacken - vielleicht die Größte... Klartext reden mit meinem Freund

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veröffentlicht am 24.06.2019 von Radiergummi
geändert am 06.09.2019 von Radiergummi



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