Mutti freut sich - Borderliner und Partnerschaft

Es ist unglaublich. Manchmal finde ich es fast schon absurd. Meine Mutter ist mit über 60 Jahren zu einem völlig neuen Menschen geworden. Auf gewisse Art und Weise zumindest.

Ich hatte all die Jahre Angst um sie, hatte Mitleid mit ihr. Andererseits konnte ich damals schon nicht verstehen, wie sie sich dem zermürbenden Verhalten meines Vaters so lange unterordnen konnte. Wie sie sich all die Jahre gewissermaßen hat einsperren lassen.

Nach dem anfänglichen Schock der "Offenbarung" meinem Vater gegenüber, ist plötzlich ihr Selbstverwirklichungs-Trieb erwacht.

Manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass sie ein regeres Sozialleben führt als ich selber...Waren ihre zwischenmenschlichen Kontakte früher auf das Arbeitsleben beschränkt bzw. auf kurze sporadische Kaffeekränzchen, die allerdings spätestens eine Stunde vor dem Eintreffen meines Vaters zu Hause beendet sein mussten, so kommt sie heute nach Hause - ich fasse es nicht - wann und wie es ihr passt.

Sie besucht ihre Freundinnen, fährt mit ihnen shoppen, unternimmt dies und das. Sie wirkt dabei total glücklich und befreit, bekundet des öfteren ihre Dankbarkeit mir gegenüber, da ich praktisch die Lawine ins Rollen gebracht habe, die ihren tristen Käfig durchbrochen hat.

Aber eins bedrückt sie doch...Der fehlende Kontakt zwischen mir und meinem Vater. Auch dieses leidige Thema schneidet sie immer wieder mal an und betont, wie sehr sie sich wünscht, wir würden uns aussprechen...Sie betont aber noch was ganz anderes. Etwas sehr Richtiges, etwas, dass ihre Psychologin mit ihr besprochen hat.

Die Sache zwischen meinen Eltern sei die eine Sache...die zwischen mir und meinem Vater die andere. Hier darf und soll sich meine Mutter nämlich raushalten...Ich bewundere meine Mutter dafür, dass sie plötzlich anfängt, ihr Leben zu leben und nicht müde wird mir zu erklären, dass sie sich in die "Angelegenheiten" von mir und meinem Vater nicht einmischen wird.

Ich freue mich, wenn sie ein bisschen glücklicher ist, als in den bisherigen Jahren. Wenn das so ist, hat es sich gelohnt, endlich mal ehrlich zu sein.

 

Jetzt kommt das große Aber: Total blöd und unangemessen meldet sich mein inneres Kind zu Wort und fühlt sich - wieder einmal - völlig im Stich gelassen und alleine.

Hallo? Es ist einfach genauso wie es immer war. ICH "rette" meine Mutter, ICH hole die Kohlen aus dem Feuer, ICH kümmere mich, dass es ihr besser geht. Und obwohl sich an meiner Situation an sich nichts geändert hat, habe ich jetzt anscheinend ein Problem. Ich soll mir etwas überlegen, wie das Verhältnis zwischen mir und meinem Vater wieder besser wird, falls das überhaupt noch möglich ist. Ich bin ständig konfrontiert mit der abwartenden Haltung meiner Mutter und anderer Verwandter, "wann ich mich wohl mal mit ihm zusammensetze."

Das kleine Kind fühlt sich ungerecht behandelt. Schon wieder muss es etwas tragen, das ihm gar nicht gehört.

 

Manchmal bin ich wirklich ratlos. Was ist eigentlich richtig und falsch? Warum bin ich immer für das Wohl anderer verantwortlich und habe mein eigenes so gar nicht im Griff?

 

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veröffentlicht am 11.02.2018 von Radiergummi
geändert am 07.02.2019 von Radiergummi



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